Wąsowo und Nowy Tomyśl

Der Weg nach Poznań in der polnischen Wojewodschaft Wielkopolski ist seit dem Bau der Autobahn A2 schnell geworden. Eigentlich schade, denn so bleiben viele Orte abseits der Autobahn verborgen. Aber man kann die Autobahn ja auch mal verlassen, beispielsweise für einen Ausflug nach Nowy Tomyśl und  Wąsowo.  Die Stadt Nowy Tomyśl ist bekannt durch ihre Korbmachergeschichte, in Wąsowo findet man ein ehemaliges Herrenhaus, heute ein Hotel, und den früher dazugehörenden Gutshof, in dem Familie Wieła versucht, einen Ferienbauernhof mit ökologischer Produktion zu etablieren.

50km westlich von Poznań und 200 km von Berlin entfernt liegt die Region, die im 18. Jahrhundert von protestantischen Mennoniten aus dem Gebiet Hollands bewirtschaftet war. Noch heute werden sie auf polnisch „Olander“ (für „Holländer“) genannt. Das zog weitere protestantische Siedler aus Polen, aber vor allem auch aus Brandenburg, Schlesien und Pommern an. Etwa 1780 begann die Geschichte der Stadt Nowy Tomyśl , auf deutsch Neutomysl, später Neutomischel genannt. Mit der Teilung Polens Ende des 18. Jhd. Fiel die Stadt an Preußen. Kurz darauf, unter Napolenons Einfluss, zum Herzogtum Warschau. Aber als Ergebnis des Wiener Kongresses fiel sie wieder an Preußen.

Der größte Weidenkorb der Welt steht in Nowy Tomyśl.  Foto: Forster
Der größte Weidenkorb der Welt steht in Nowy Tomyśl. Foto: Forster

Schon immer war der Anbau der Korbweide in dieser Region verbreitet und so begann hier bald die Geschichte der Korbflechterei. Wurde Anfangs die wild wachsende Korbweide verwendet, gelang es Ende des 18. Jhd. einem Korbmacher, trotz eines bestehenden Ausfuhrverbots, Nordamerikanische Pflanzen nach Polen zu schmuggeln. Eine der herbeigebrachten Weidearten wurde auf den Namen „Amerikanerin aus Trzciel“ getauft und hat hier, dank ihrer guten Biegsamkeit, das Flechtgewerbe revolutioniert.

Weidenflechtarbeiten in der ganzen Stadt. Hier vor einem Cafe.  Foto: Forster
Weidenflechtarbeiten in der ganzen Stadt. Hier vor einem Cafe. Foto: Forster

Bald entwickelte sich Nowy Tomyśl zu einem Zentrum der Korbverarbeitung. Seit 1970 gab es dann hier internationale Treffen von Korbmachern. Heute werden hier auch originelle Möbel aus Korb hergestellt, die zum großen Teil für den Export bestimmt sind. Im Jahre 2000 haben fünfzig Flechter im Zentrum der Stadt den größten Weidenkorb der Welt geflochten und wurden in das Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen. Ein Konzertpavillon und weitere Kunstwerke aus Weide folgten.

 

 

 

 

Schloss-Hotel Wąsowo. Foto: Höck
Schloss-Hotel Wąsowo. Foto: Höck

Schloss Wąsowo (deutsch Wonsowo), wie es allgemein genannt wird,  ist eigentlich kein Schloss, sondern ein Herrenhaus das für den Berliner Bankier Richard von Hardt nach einem Entwurf des Berliner Architekten Gustav Erdmann erbaut wurde. Für einen geplantes Besuch von Kaiser Wilhelm II. wurde das Haus erweitert, erhielt einen repräsentativen Eingang und der umgebaute Turm begründete die Atmosphäre eines neugotischen Schlosses. Zu dem Gebäude gehörte ein großer Gutshof, eine Schmiede und eine Brennerei. Die Geschichte des Geländes ist allerdings noch älter. Schon im 15. Jahrhundert gab es hier das Rittergut Wąsowo, gegründet durch Ritter Paweł von Niegolewo.

Liebevoll restauriert werden die Gebäude des Öko-Bauernhofs Folwark Wąsowo.  Foto: Höck
Liebevoll restauriert werden die Gebäude des Öko-Bauernhofs Folwark Wąsowo. Foto: Höck

Während das Schloss in den 90er Jahren ein Hotel eingerichtet wurde (Nach einem Brand 2011 ist es wieder vollständig renoviert), beherbergt der Gutshof „Folwark Wąsowo“  heute einen Biohof mit Verkauf von Regionalprodukten sowie eine kleine Pension. Doch die heutigen Besitzer, die Familie Wieła, hat größere Pläne.  Sie erinnern daran, dass auf dem Gelände zu Zeiten des Bankiers von Hardt die modernste Landwirtschaft im östlichen Teil Europas aufgebaut wurde. Heute betreiben Sie mit 15 historischen Gebäuden und einem großen gepflasterten Hof sowie rund 10 ha landwirtschaftliche Fläche einen familiengeführten Ferienbauernhof, bemühen sich, die alten Gebäude detailgetreu zu renovieren und bauen derzeit zehn Arten von Gemüse an, das seit 2012 bio-zertifiziert ist. Zu ihren Kunden gehören neben Familien aus Poznań und Umgebung, auch Restaurants und Kindergärten, die auf natürliche und regionale Produkte einen großen Wert legen.

Die Alte Schmiede im Folwark Wąsowo mit übernachtungsplätzen im Obergeschoss. Foto: Ulrike Höck
Die Alte Schmiede im Folwark Wąsowo mit übernachtungsplätzen im Obergeschoss. Foto: Ulrike Höck

Übernachten kann man hier im Obergeschoss der restaurierten Schmiede. Mit fünf Doppel- und Familienzimmern haben insgesamt 24 Personen Platz. Eine geräumige Küche mit Speiseraum (80qm) bietet die Möglichkeit, beim Entstehen der köstlichen Speisen zuzusehen. Übernachtung mit Frühstück ist hier ab 20 Euro möglich. Ein großer Spiel- und Freizeitplatz soll vor allem Familien ansprechen.

Magdalena Burda-Wieła präsentiert in der Küche ihre Bio-Konserven. Foto: Höck
Magdalena Burda-Wieła präsentiert in der Küche ihre Bio-Konserven. Foto: Höck

Zunehmend wird jedoch auch auf den Eventbereich gesetzt. Firmenveranstaltungen, Hochzeiten, Rast- und Feierplatz für Radsportler sind nur einige der Ideen an denen die Inhaber arbeiten. Natürlich kann man hier auch Fahrräder mieten oder eine Kutschfahrt unternehmen, oder in dem benachbarten großen Schlosspark spazieren gehen.

Wer gleich dort im Schloss-Hotel übernachten will, muss allerdings etwas tiefer in die Tasche greifen. Ein Einzelzimmer kostet dort ab 60Euro, das Doppelzimmer ab 83 Euro.

Weitere Informationen:
http://www.wasowo.com.pl/de
http://www.wasowo.pl/de
http://de.nowytomysl.pl