Nachhaltig reisen

Ungewöhnliches Hotelkonzept in Hamburg

Nachhaltigkeit ist wohl eines der derzeit meistgebrauchten Worte. Doch was ist nachhaltig? Wer verhält sich nachhaltig? Besonders wenn es ums Thema Reisen geht? VIA-Journal besuchte in diesem Jahr ein außergewöhnliches Hotel in Hamburg. Das „Wälderhaus“ der Hotelgruppe Raphael-Hotels.

Hotel Wälderhaus in Hamburg

Schon in den 90er Jahren entstand im Hamburger Landesverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald die Idee eines Gebäudes, das sich in seiner Funktion und in seinem Inhalt mit den Themen Wald und Nachhaltigkeit befasst. Doch erste Versuche wurden durch ein Bürgerbegehren verhindert. Erst in Vorbereitung der Internationalen Bauausstellung Hamburg und der Internationalen Gartenschau Hamburg im Jahr 2013 wurde aus den Überlegungen Realität. Auf der Hamburger Elbinsel Wilhelmsburg, nur drei S-Bahn-Stationen vom Hauptbahnhof entfernt, entstand nach Plänen des Hamburger Architekturbüros von Andreas Heller auf einem 2.130 m² großen Grundstück das Wälderhaus. Es wurde im November 2012 fertiggestellt.

Das Erdgeschoss und das 1. Stockwerk sind infolge der Einstufung als Versammlungsstätte und der damit einhergehend Brandschutzauflagen zwar in Betonbauweise errichtet worden, die drei Stockwerke für das Hotel wurden jedoch in tragender Massivholzbauweise aus Fichtenholz gefertigt. Das Wälderhaus war das erste Gebäude der bauordnungsrechtlichen Gebäudeklasse 5 (Gebäude über einer Höhe von 13m), das in tragender Massivholzbauweise errichtet wurde. Die unbehandelte Holzfassade wurde aus dem Holz der Europäischen Lärche aus Siegerland und Sauerland gefertigt. Auch im Innenausbau setzt sich das Thema Holz fort: Die von innen sichtbare Massivholzkonstruktion verbreitet eine warme Atmosphäre in den Zimmern. Eigens für den Hotelbereich entworfene Holzmöbel, wie Sitz- und Kofferbänke, Schränke sowie Nacht- und Schreibtische runden das Bild ab

Selbst der Boden im Hotelflur imitiert Waldboden.

Eine Besonderheit des Gebäudes sind auch das Gründach und die begrünten Fassadennischen. Das Dach des Wälderhauses ist mit 9.000 Büschen, 500 Hainbuchen und anderen heimischen Bäumen bepflanzt. Die dichte Bepflanzung trägt zu einem besseren Mikroklima der Stadt bei und schützt das Gebäude im Sommer vor Hitze und im Winter vor Kälte. Neben dem Dach und den Außenflächen bieten bepflanzte Fassadennischen zahlreichen Kleintieren Rast-, Futter- und Nistgelegenheiten.

Das Gebäude vereint unter seinem Dach vier zentrale Einrichtungen: zum einen das „Science Center Wald“, eine dauerhafte Erlebnisausstellung rund um den Wald, zum anderen das „Forum Wald“ mit einem Multifunktionsraum für Tagungen und Veranstaltungen sowie drei Seminarräumen. Darüber hinaus beherbergt das fünfgeschossige Gebäude das Restaurant „Wilhelms im Wälderhaus“ und in den oberen drei Etagen das „Raphael Hotel Wälderhaus“.

Das Hotel trägt auch zur Weiterbildung seiner Gäste bei. Die 82 Zimmer haben zwar auch Zimmernummern, aber jedes der Zimmer trägt den Namen einer einheimischen Baum- oder Strauchart. Im Zimmer (Hier als Beispiel das Zimmer „Holzapfel“) findet der Gast dann einen durchaus auch dekorativen Stamm des jeweiligen Gewächses und Fotos sowie eine kleine Text-Tafel informieren über den „Namenspatron“ des Zimmers.

Auch im Innenausbau setzt sich das Thema Holz fort. Foto: Andreas Heller Architects & Designers

Durch die Verbindung aus natürlichen Materialien, ökologischen Einbauten und modernster Technik bieten die Hotelzimmer damit eine gesunde und gemütliche Atmosphäre, ohne dabei auf Komfort zu verzichten. Doch das Hotel ist mehr, als nur eine gesunde Unterkunft. Die Ausstellung des „Science Center Wald“ beschäftigt sich mit der Frage „Was ist eigentlich Wald“. Gerade in einer Großstadt in der Kinder nur wenig Gelegenheit haben, Wald wirklich kennenzulernen, erklärt die Ausstellung die Ökologie des Waldes und dessen große Bedeutung für Wasser und Klima. Und das auf für Kinder und Jugendliche interessante Weise interaktiv. Viele Exponate, darunter 32 Bäume aus dem Hamburger Forstrevier Hausbruch und 40 präparierte Tiere, bieten überraschende Einblicke – und machen den Wald so fassbar.

Auf zwei Etagen werden an 80 Erkundungsstationen eine Fülle von Aspekten des Waldes behandelt. An sieben Mikroskopen haben die Besucher die kleinsten Nutztiere und Pflanzen des Waldes unter der Linse, in der Wald-Wunderkammer werden 2000 Fundstücke des Waldes ausgestellt. Im Wälderlabor werden die neuesten Forschungsergebnisse rund um die Themen Wald und Holz präsentiert und in der Holzbibliothek 200 verschiedene Hölzer gezeigt. Der eigentliche Star der Ausstellung ist aber ein 20 Millionen Jahre alter, versteinerter Baum.

Die interaktive Ausstellung.

Ach ja, das Thema Energie. Bauherren und Architekten gingen davon aus, dass durch Holzbauweise, gute Dämmung und effiziente Haustechnik für das Gebäude etwa ein Drittel weniger Energie verbraucht wird, als in der Energiesparverordnung vorgeschrieben. Ein wesentlicher Teil der Energie kommt zudem aus den hauseigenen Photovoltaik- und Geothermieanlagen.

Ein besonderes Gebäude mit einem besonderen Hotel. Die Raphael Hotelgruppe unterhält sieben Hotels in Hamburg in bester City Lage, ein Hotel in der Seestadt Bremerhaven und ein Seehotel in der malerischen Landschaft in Schwerin. Jedes auf seine Art einzigartig.

Das Hotel Wälderhaus jedenfalls bietet angenehme Übernachtung (Der Holzbau führt auch zu einem besonderen Microklima in den Zimmern, also zu gutem Schlaf) mit einer spannenden Umgebung. Das Gelände der Internationalen Gartenschau ist als Wilhelmsburger Inselpark, der unmittelbar vor der Hoteltür beginnt, ein wunderschön gestaltetes Areal mit lauschigen Orten zum Verweilen am Wasser, viel Platz zum Spazierengehen und Raum zum Toben für die Kinder auf den toll ausgestatteten Spielplätzen.

Spannend aber auch die dem Hotel benachbarten Gebäude aus der Internationalen Bauausstellung. Etwa die WaterHouses, die auf Pfählen in einem Wasserbecken mit einer Oberfläche von zirka 4.000 Quadratmetern gebaut wurden, welches in das vorhandene Gewässernetz integriert ist. Das Becken wird durch Regenwasser gespeist. Oder aber das BIQ, als weltweit erstes Gebäude mit einer Bioreaktorfassade. In denen der Sonne zugewandten Fassadenseiten, in einer zweiten Außenhülle, die der eigentlichen Gebäudefassade ein Stück vorgestellt ist, werden sie produziert: Mikroalgen – kleinste Pflanzen, meist nicht größer als Bakterien. Sie sorgen dafür, dass das BIQ ein Haus ist, das sich selbst mit Energie versorgen kann. Die Algen müssen dafür nur eins – wachsen. Über einen getrennten Wasserkreislauf in der Fassade werden sie deshalb kontinuierlich mit flüssigen Nährstoffen und Kohlendioxid versorgt. Mit Hilfe der Sonneneinstrahlung können die Algen so Photosynthese betreiben und wachsen.

Die WaterHouses

Übrigens, der S-Bahnhof Wilhelmsburg ist nur wenige Gehminuten vom Hotel Wälderhaus entfernt. In nur 9 Minuten Fahrzeit ist man dann am Hauptbahnhof, im Zentrum Hamburgs. Eine Stadt, die mit Hafen, Alster, der Elbphilharmonie oder der Vielzahl von Museen ein reichhaltiges Angebot für einen Aufenthalt im Hotel Wälderhaus bietet. Der VIA-Journal-Redakteur nutzte seinen Aufenthalt unter anderem für einen Besuch der Banksy-Ausstellung des anonymen Grafity-Künstlers und eine „Stadtkreuzfahrt“ mit dem HafenCity RiverBus.

Weitere Informationen:
Hotel Wälderhaus
Raphael Hotels
Andreas Heller Architekt
Int. Bauausstellung Hamburg 2013