Kulturreise nach Menorca und Mallorca
Zur Nit de l´Art nach Palma
Es gibt viele Gründe, die Balearen, die Inselgruppe im westlichen Mittelmeer zu bereisen. Von den rund 150 Inseln sind nur fünf bewohnt, darunter Mallorca, Menorca, Ibiza und Formentera. Für viele wichtig: Die Inseln bieten atemberaubende Strände mit kristallklarem Wasser, die ideal zum Entspannen und Schwimmen sind. Die Balearen haben ein mildes, mediterranes Klima, das ganzjährig angenehme Temperaturen bietet. Die Inseln zeichnen sich durch eine abwechslungsreiche Landschaft aus, darunter Berge, Wälder und malerische Buchten. Es gibt zahlreiche historische Stätten, charmante Dörfer und lokale Feste, die das kulturelle Erbe der Region widerspiegeln. Und die lokale Küche ist vielfältig und schmackhaft, mit frischen Meeresfrüchten, regionalen Weinen und traditionellen Gerichten.

Vor allem Mallorca und Ibiza sind jedoch als Tourismusziele auch umstritten. Ibiza hat sich einen Ruf als Tourismusinsel der Reichen und Berühmten erarbeitet, ist bekannt für seine weltberühmten Clubs und Partys, die oft von internationalen DJs besucht werden. Mallorca hat sich lange Zeit als „Ballermann-Insel“ einen Namen gemacht, besonders durch die Partymeile an der Playa de Palma. Vor allem deutsche Touristen assoziieren die Insel oft mit ausgelassenem Feiern, Partys und Schlagerkultur. Die Promenade und Lokale wie der Bierkönig, Megapark oder die Schinkenstraße sind fest in der Party-Kultur Mallorcas verankert. In Menorca reizt viele das Cova d’en Xoroi, die berühmte Höhlenbar und vor allem britische Touristen mögen die Atmosphäre der Hafenbars bei Sonnenuntergang.

Was aber viele nicht so im Blick haben, ist das reiche künstlerisches Erbe und die lebendige Kunstszene auf Mallorca und Menorca. Der VIA-Journal Redakteur hat sich einen Einblick in das vielfältige künstlerische Angebot der Inseln verschafft.
Auf Menorca startete ich mit einem kurzen Trip auf eine Insel inmitten der Insel. Direkt in der Hafeneinfahrt der Hauptstadt die auf Spanisch Mahon heißt, in der katalanischen Regionalsprache aber Maó, liegt die kleine Insel „Illa del Rei“ (Insel des Königs). Nach römischer, arabischer und schließlich wieder spanischer Zeit wurde Menorca Anfang des 18. Jahrhunderts von den Briten besetzt. Damals entstand auf der Illa del Rei ein Militär-Lazarett der britischen Marine, nahe der Überreste einer frühchristlichen Basilika.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts stellte das Krankenhaus seinen Dienst ein; das Land wurde verpachtet, um dort Vieh weiden zu lassen. Während einer Gelbfieberepidemie wurde es im Jahr 1821 erneut als Isolierkrankenhaus genutzt; danach wurde es den Franzosen während der Eroberung Algeriens als Kriegslazarett überlassen. 1833 besetzten die Amerikaner die Insel als Mittelmeer-Station für ihre Flotte. Nach der Rückkehr der Franzosen im Jahr 1840 wurde das Krankenhaus als Kohlelager für die Versorgung der Dampfer auf dem Weg nach Algier zweckentfremdet. Drei Jahre später wurde es erneut als Militärkrankenhaus genutzt, bis die spanische Armee es 1964 verlegte und die Insel dem Spanischen Ministerium für Information und Tourismus übertrug. Danach verfiel das Gebäude des Krankenhauses ebenso wie seine Nebengebäude.


Nachdem sie viele Jahre lang verlassen und verwahrlost war, ging die Illa del Rei 1985 in den Besitz der Stadt Mahón über. Seit 2005 setzt sich die Stiftung Hospital de la Isla del Rey ehrenamtlich für die Wiederherstellung des Gebäudes ein. In mehreren Räumen des Hauptgebäudes des Krankenhauses ist heute eine große medizinische Sammlung untergebracht, die von den Familien angesehener Ärzte gestiftet wurde. Man kann heute sechs Räume besuchen, in denen Krankenhausmaterial ausgestellt ist und zwei mit pharmazeutischem Material. Besondere Beachtung verdienen der Autopsiesaal, der dem schottischen Chirurgen George Gleghorn gewidmet ist, der auf der Insel von 1736 bis 1749 mehr als tausend Sezierungen durchgeführt hat, ebenso der Raum für Elektromedizin, der besonders wertvolles Material wie Elektronenstrahlung, Quarzlicht und Röntgenstrahlen enthält.
2021 entstand in den Nebengebäuden des Krankenhauses ein Kunstzentrum der Schweizer Galeriegruppe Hauser & Wirth. Es sollte ein Ort entstehen, an dem Kunst in Verbindung mit Bildung, Natur und Naturschutz erlebt werden kann. Auf der Fläche von gut 1500 Quadratmetern entstand ein Ausstellungsraum mit acht verschiedenen Galerien sowie ein Skulpturenweg im Freien mit Werken von Louise Bourgeois, Eduardo Chillida, Joan Miró und Franz West. Da auf Menorca die Gastronomie auch zur Kunst gehört, bietet Hauser & Wirth in seinem Restaurant “Cantina”, das vom Weingut “Binifadet” geführt wird, Produkte aus der näheren Umgebung, die so genannten Produkte Kilometer 0. Serviert werden saisonale und lokale Produkte, wobei der Schwerpunkt auf Meeresfrüchten liegt. Doch dafür hatte unser Redakteur diesmal keine Zeit, da die Fähre zurück in den Hafen der Hauptstadt wartete.
Mallorca, oft wegen der Ballermann-Touristen verschrien, ist tatsächlich eine besondere Ansammlung an Kunst. Dass die Insel gerne von Künstlern aufgesucht wurde, dass viele hier lebten, ist bekannt. Ein besonderes Beispiel dafür ist Deià. Malerisch gebettet zwischen den karstigen Hügeln der Serra de Tramuntana und dem Mittelmeer, zwischen Valdemossa und Sóller, nur rund 30 km von Palma entfernt, findet man das Künstlerdorf Deià in einer Klamm am Fuße des Berges Teix. Seit Jahrzehnten gilt das mallorquinische Dorf mit seinen urigen Steinhäusern als Ort der Inspiration für Künstler aus aller Welt und aller Genres. Umgeben von bepflanzten Terrassen und Olivenbäumen, ist das Dorf mit seinen uralten Natursteinhäusern einen Ausflug wert. Berühmt wurde der Ort durch seine illustren Bewohner.
Die Mauren nannten den Ort seinerzeit „Ad Daya“, das Dorf. Sie waren es auch, die erste Terrassen für Obst- und Gemüseanbau hier anlegten. Nach der christlichen Rückeroberer wurden die Terrassen bis in 600 Meter Höhe erweitert und vor allem mit Zitrus- und Olivenbäumen bepflanzt. Es war kurz vor der Jahrhundertwende Ende des 19. Jahrhunderts, als einige europäische Künstler und Freidenker das Dorf entdeckten und sich hier niederließen. 1929 kaufte der englische Schriftsteller Robert Graves hier ein Haus, in dem er bis zu seinem Tod 1985 lebte. Im Ca n’Alluny, dem „abgelegenen Haus“, entstanden unzählige Gedichte, Erzählungen und Romane. Graves’ wohl bekanntester („Ich, Claudius“) wurde in Hollywood verfilmt. Und dann kamen immer mehr, die sich zumindest ein Ferienhaus hier leisteten. Die Schauspieler Peter Ustinov, Alec Guiness und Ava Gardner beispielsweise. Bald wurde aus dem Ort sowohl eine Künstlerkolonie wie auch ein Rückzugort des Geldadels. Weitere Künstler und Hippies kamen ab den 60er Jahren hierher. Prominente bevorzugten das inzwischen entstandene Fünfsterne-Hotels „Belmond La Residencia”, auch Christiano Ronaldo und Lady Di gehörten zu den Gästen.
Heute lädt der Ort zu Spaziergängen ein, bei denen man eine Reihe interessanter Galerien und Kunsthandwerkgeschäfte entdecken kann, aber auch ausgezeichnete Restaurants. Die Kirche von Sant Joan Baptista zählt zu den kulturellen Wahrzeichen und thront hoch über dem Dorf in der Oberstadt. Direkt neben der Kirche liegt der kleine Friedhof, auf dem berühmte Persönlichkeiten wie der Schriftsteller und Dichter Robert Graves begraben sind. Es ist nicht nur eine Gedenkstätte, sondern auch ein Ort der Ruhe, der einen atemberaubenden Blick über das Tal und bis hin zur Küste bietet. Ein kleines archäologisches Museum widmet sich der frühzeitlichen Geschichte Mallorcas. Die Wanderwege rund um Deià sind meist gut ausgeschildert, und das Tramuntana Gebirge gehört zum UNESCO-Welterbe.


Direkt in Palma de Mallorca findet sich ein absolut sehenswertes Museum: Die Stiftung Pilar und Joan Miró. Auf dem Gelände findet sich auch das ehemalige Atelier Mirós. Neben einem Museum mit Dauer- und Wechselausstellungen kann man in einer fachkundigen Führung durch Atelier und Sammlung einen Überblick über die 30 Jahre die er auf Mallorca verbrachte gewinnen. Die Führung zeigt die verschiedenen Techniken, Materialien und Ansätze, die er verwendete, und bietet Einblick in die Rekonstruktion seines kreativen Prozesses.



Eine aussergewöhnliche Kunstsammlung findet man in dem im Norden von Mallorca bei Alcudia, ein wenig versteckt und eingebettet in ein Naturschutzgebiet gelegenen Museum Sa Bassa Blanca. Die Stiftung „Yannick und Ben Jakober“ wurde 1993 von diesem Künstler- und Sammlerehepaar sowie dem Philantropen Georges Coulon Karlweis gegründet. Im gleichen Jahr begann man, ein ehemaliges unterirdisches Wasserreservoir zu klimatisieren, um einer besonderen Sammlung von Kinderporträts aus der Zeit des 16. bis 19. Jahrhunderts einen Raum zu geben. Im Januar 2001 wurden die Pforten für die Allgemeinheit geöffnet und ermöglichten Kunstliebhabern ein besonderes Erlebnis auf Mallorca.

Die Ausstellungsräume wurden schon bald durch Außenanlagen ergänzt: Es entstanden der Rosengarten jetzt OlivArt und der Skulpturenpark, der diesem Museum in seiner Verbindung zwischen Kunst und Natur unter freiem Himmel den besonderen Charakter verleiht. 2006 konnten die Besucher zum ersten Mal einen Teil des vom ägyptischen Architekten Hassan Fathy entworfenen Hauptgebäudes besichtigen.



Ben Jakober, eigentlich Benedict Jakober, wird auf Mallorca oft als britischer Künstler (Bildhauer und Objektkünstler) bezeichnet. Tatsächlich wurde er 1930 als Sohn ungarischer Eltern in Wien geboren und spricht ausgezeichnet deutsch. Allerdings wuchs er, auch auf Grund der Naziherrschaft in Deutschland/Österreich in England auf und erhielt die britische Staatsbürgerschaft. Er lebte teilweise in Paris und auf Tahiti. Heute lebt er mit seiner Frau Yannik Vu, einer französischen Malerin, Bildhauerin und Kunsthistorikerin jeweils ein halbes Jahr auf Mallorca und ein halbes Jahr in Marokko.
Ein Höhepunkt für kunstinteressierte ist sicherlich die alljährliche „Nit de l‘Art“ (Nacht der Kunst) in Palma. Sie markiert traditionell den Auftakt der Kunstsaison auf Mallorca. Tausende Besucher werden auch an drei Abenden, meist Ende September, wieder auf Palmas Straßen strömen, um die Eröffnung von Ausstellungen in Galerien und Museen zu erleben. Die Veranstaltung gilt als Pflichttermin für Kunstliebhaber – sowohl für Fachleute als auch für die breite Öffentlichkeit.


Veranstaltet wird die „Nit de l‘Art“ von Art Palma Contemporani, einem Zusammenschluss von zahlreichen renommierten Galerien. Neben geplanten Ausstellungen locken spontane Events, die dem Kunstfestival eine besondere Dynamik verleihen.
Die Galerien und Kunsträume sind vier Tage lang von 18.00 bis 23.00 Uhr geöffnet und präsentieren zeitgenössische Kunst auf neue und aufregende Weise. Die Altstadt verwandelt sich. Bars, Cafés, Dächer, Fassaden historischer Gebäude, Schaufenster und Balkone werden für Kunstausstellungen genutzt, wobei sowohl junge Talente als auch erfahrene Profis aus der Kunstszene ihre Werke der Öffentlichkeit präsentieren. Diese stadtweite Open-Air-Galerie ist eine der farbenfrohsten Veranstaltungen in der Inselhauptstadt mit darstellenden Künstlern, Straßentheater und Musik auf den wichtigsten Plätzen und Alleen. Tausende von Kunstliebhabern, sowohl Einheimische als auch Besucher, strömen zu dieser Veranstaltung nach Palma, die sich zu einer der größten jährlichen Kunstveranstaltungen in Europa entwickelt hat.
Nachhaltig:
Ein außergewöhnliches Hotel entdeckten wir in Es Castell, einem kleinen Ort
nahe Menorcas Hauptstadt Mahon (Mao): das Hotel Artem Carlos. Ein „Adult only“ Hotel, das auf Komfort und Entspannung ausgerichtet ist und einen spektakulären Blick auf die Boote und das Treiben im Hafen bietet.
Das Besondere ist das Nachhaltigkeitskonzept des Hauses. Neben vielen Einzelheiten bietet das Hotel an, das „Solidaritäts-Zimmer“ zu buchen. Ursprung für die Idee war, als während der Pandemie das Hotel Lebensmittel für die Angestellten die zu Hause bleiben mussten
spendete und dies dann über Caritas erweiterte. Die gesamte Zimmer-Rate Ihres Aufenthalts wird vom Hotel der Caritas für bedürftige Familien gespendet.
Mehr Informationen im Web:
illesbalears.travel
www.menorca.es
spain.info
isla.travel
miromallorca.com
www.msbb.org
artiemhotels.com