Von „Hex“ und „Dorfbrätsch“

Kappelrodeck, Blick vom Dasenstein
Kappelrodeck, Blick vom Dasenstein

Gerade mal einen Kilometer sind sie voneinander entfernt, die beiden Winzergenossenschaften von zwei der wichtigsten Rotweindörfern Deutschlands: Kappelrodeck und Waldulm. Dabei ist Waldulm nur ein Ortsteil von Kappelrodeck. Doch die Weinerzeugung erfolgt strickt getrennt.

Rund 200 Haupt- und Nebenberufliche Winzer sind in Waldulm zusmmengeschlossen. Die südlichen Steillagen in dem Seitental der Acher mit dem Granitboden sind bekannt, für den Spätburgunder Rotwein, der hier besonders feurig und temperamentvoll gerät. Mit 85% Anbaufläche ist der Spätburgunder die Leitrebe in diesem Ort.

Der Dasenstein
Das Naturdenkmal „Dasenstein“ ist eine sagenumwobene Felsengruppe in den Weinbergen, mit herrlichem Blick über die Rheinebene bis nach Straßburg.

Die Winzergenossenschaft in Kappelrodeck hat sich schon vor Jahren umbenannt. „Winzerkeller Hex vom Dasenstein“ ist die Bezeichnung, unter welcher der Wein vermarktet wird. Der Hintergrund ist ein kleiner Fels am Weinberg von Kappelrodeck. 1971 wurden die Weinberglage rund um den Ort nach der berühmten Sage benannt.
Ein schönes Burgfräulein von edler Gestalt verliebte sich dereinst in einen Bauernsohn. Der Burgherr von Schloss Rodeck duldete diese Liebe nicht und jagte die eigene Tochter hinab ins Tal. Ohne Haus und Grund wurde sie auch vom Bauernsohn verschmäht und so hauste sie fortan im Dasenstein. Rund um ihre Felsenhöhle pflanzte sie Wein. So manchen Streich soll sie den Leuten mitgespielt haben. Und bald war sie die „Hex vom Dasenstein“.

Die berühmte Hexenflasche.
Die berühmte Hexenflasche.

Und heute ist die „Hex vom Dasenstein“ einer der beliebtesten Weine der Region. Besonders begehrt, die Selektionsreihe „Alte Rebe“.

Kappelrodeck und Waldulm sind ein wichtiges Zentrum der Badischen Weinstraße und damit auch eine beliebte Urlaubsregion. Die großen Hotelbauten sucht man hier, wie in der gesamten Umgebung, vergebens. Dafür findet man kleine Hotels, zahlreiche Gasthöfe mit Übernachtungsmöglichkeit, Ferienwohnungen und natürlich Privatvermieter. Schon ab 20 Euro (bei längerem Aufenthalt noch günstiger) kann man hier mit Frühstück übernachten. Neben den üblichen Wander-, Fahrrad und Sportangeboten locken hier vor allem die Spaziergänge in den Weinbergen, zum Beispiel zum Dasenstein. Bei  zahlreichen Festen kann man in der neuerstandenen Hütte am berühmten Felsen auch direkt den einheimischen Wein verkosten.  Das kann man natürlich auch in den Winzergenossenschaften und Weingütern bei einer Kellerbesichtigung oder in einer der zahlreichen Gasthäuser.

Aber noch etwas kann man hier verkosten: Vier Schnapsbrennereien und 400 private Schnapsbrenner (bei einer Einwohnerzahl von rund 6000 Personen ) produzieren die bodenständigen Genüsse wie Obstler, Mirabellenwasser, das berühmte „Schwarzwälder Kirschwasser“ sowie das Heilsamste von allen, „den Rossler“, eine badische Spezialität, welche vor allem für einen „guten“ Magen sorgt. Hergestellt aus Tobinambur, einer Wurzelknolle, die inzwischen auch in der Küche wieder verwendet wird.

Nicht erschrecken sollte man in Kappelrodeck allerdings, wenn kurz vor Mittag plötzlich überall Marschmusik ertönt. Es sind die Lautsprecher der „Dorfbrätsch“, wie die Einheimischen ihre Ortsrufanlage nach der allemannischen Bezeichnung einer geschwätzigen Dorfbewohnerin nennen. Einst in vielen Orten Badens verbreitet ist Kappelrodeck heute der letzte Orte der täglich sendet. Thomas Weisenbach, eigentlich für die Kasse im Ort verantwortlich, tritt jeden Mittag ans Microfon um zu verkünden, was die Gemeinde oder die Vereine ihren 5800 Bewohnern zu sagen haben. Natürlich werden auch Geburtstage und Sterbefälle gemeldet oder ein Ständchen zur Silbernen Hochzeit abgespielt.  Ihren Höhepunkt hat die Anlage in den 50er Jahren gehabt, als Rundfunk und Fernsehen noch keine Rolle spielten. Aber auch später registrierten die Bewohner, dass die überörtlichen Medien nicht immer auf die Dörflichen Interessen eingingen. Als dann in den 80er Jahren die Ortsrufanlage aus Kostengründen abgeschafft werden sollte, gab es Proteste. Eine Unterschriftensammlung der Bewohner zwang die Gemeinde, die historische Anlage zu behalten.
Dabei werden heute gar nicht mehr alle mit den Informationen versorgt. Seit 20 Jahren gibt es keine neuen Lautsprecher für die hinzugekommenen Neubaugebiete. Denn längst gibt es die Firma, die seinerzeit die Anlage gebaut hat, nicht mehr. Und die beim Konkurs durch die Gemeinde aufgekauften Ersatzteile werden auch nicht ewig reichen.

 

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Weitere Informationen:
Kappelrodeck
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Hex vom Dastenstein
Winzergenossenschaft Waldulm